Marie stampft mit dem Fuß auf. Bunt. Sie will es jetzt bunt.
Und was meine Wesen wollen, das geschieht in meiner Werkstatt. Diese Marie hier, die will keine alte Frau sein. Ich möge mir gefälligst einfallen lassen, wie die so brav gelernten Falten und Spuren im Gesicht weniger werden. Immerhin sei nicht sie die Künstlerin, sondern ich. Also – studiere ich Gesichter. Komme endlich auf etwas, das mir im Außen durch meinen Gefährten schon seit Jahren nahe gelegt wird. Ganz zufällig erreicht mich die Botschaft jetzt. Wir finden in der Bibliothek hier vor Ort ein Buch zum Comic zeichnen. Dieses Mal, wir haben ein paar Tage kinderfrei, höre ich auf mein Herzklopfen. Lese mich ein. Fange an, zu zeichnen. Ich. So ganz ohne Zeichenerfahrung. Also fast ganz. Es braucht ein bisschen Mut, neben dem genialen Zeichner neben mir Babyschritte zu machen. Aber wenigstens heule ich nicht mehr vor Ungeduld und Verzweiflung, weil mein Stift nicht so tut, wie mein Hirn es gern hätte. Sondern ich spüre Vorfreude. Und dann Freude, weil ich sehe, wie einfach es eigentlich ist, Gefühle mit Strichen und Formen und Schattierungen in ein Gesicht, in einen Körper zu zeichnen. Der Radierer hat noch viel Arbeit. Und doch – es tut sich etwas bei meiner Zeichnerei! Ich spüre aufgeregte Freude, wenn ich irgendwo sitze und – hoffentlich – halbwegs unauffällig Menschen studiere. Wie gehen sie, welche Haltung hat ihre Wirbelsäule. Wie sind die Schultern. Wie setzten sie den Fuß auf. Was verrät die Haltung über die Stimmung. Wie verhält sich die Nase zum restlichen Gesicht, wo sind die Ohren. Bitte sag mir, wenn ich dir zu aufdringlich ins Gesicht schaue – ich finde es so spannend. Und ich lerne und lerne…
Als ich mich vor ein paar Tagen dabei ertappe, dass ich bereits über mein nächstes Wesen nachdenke und dabei bin, diese Marie hier vorübergehend fallen zu lassen, halte ich inne. Wie oft mache ich das eigentlich in meinem Leben? Etwas voller Elan und Begeisterung anzufangen. Und es dann nicht fertig zu machen. Ich schmunzle über diese Strategie, als sie mir ein weiteres Mal in diesem Leben so sonnenklar wird. Führe ein paar Stunden intensive Selbstgespräche. Marie gibt auch ihren Senf dazu. Und plötzlich fällt es mir leicht, die drei großen Baumwollsäcke mit Rechnungen, Aufgeschriebenem, Zeichnungen für neue Projekte, Visitkarten und tausend anderen Kleinigkeiten auszuleeren, zu sortieren. Sie haben mir zwei Monate in neuen Zuhause den Platz am Schreibtisch verstellt. Wegzuschmeißen, was ich schon Jahre mit mir herumschleppe, obwohl es mich nicht weiterbringt. Die Buchhaltungsrelevanz des vorigen und des heurigen Jahres nach Datum zu sortieren. Ganz ohne Krampf und Schuldgefühle. Sondern voller Mitgefühl mit der Kleinen in mir, die sich vor genau dieser Tätigkeit immer noch ängstigt und gern abhauen würde. Plötzlich möchte ich nicht mehr das aktuelle Wesen, mein Arbeitsprojekt, meine ganze Liebe zu allen Details, fallen lassen. Sondern ich bin über diese alte Buchhaltungs-Hürde gegangen, die mir wie jedes Mal unfassbar viel Kraft kostet. Die Hürde, nicht die Arbeit an sich. Ob es das letzte Mal war? Frag‘ mich nächstes Jahr um diese Zeit, wie es um meine Buchhaltung steht! Alles, alles hat seinen guten Grund. Auch das, was ich scheinbar falsch mache. Ich bin die, die ich bin. Und ich lerne täglich dazu. Je liebevoller ich endlich einmal mit mir selbst umgehe, desto besser.
Ich würde dir schon so gern etwas über diese quirlige, bunte Marie von Piepen erzählen. Aber es geht noch nicht. Ich darf nicht (mehr) über unfertige, halbe Sachen schreiben. Sagt Marie. Das mache ich hoffentlich kommende Woche. Dann darf ich dich auch zur Eröffnung unseres Galerieprojektes in Villach einladen. Aber auch das eben erst nächste Woche. Ich lasse dir dafür ein paar bunte Fotos von Marie’s Entstehungsprozess da. Sie hat auf diesem Stoff für den Rock und auf den türkisen Bund bestanden. Und sie hatte so recht! Sie gefällt mir täglich besser. Alexander sagt, sie könne ein bisschen mehr Farbe auf den Lippen gebrauchen. Er, der größte Lippenstiftskeptiker vor dem Herrn, er findet… Nun ja! Und er hat recht, sie wirkt noch ein bisschen winterblässlich. Und jihaaa, ich habe gelernt, Zehen zu filzen! Danke an Roz Dace und Judy Balchin für das tolle Filzbuch, auf das ich mit anderen ein halbes Jahr gewartet habe. Das Warten auf den Druck des Buches hat sich sowas von gelohnt! So viele Kleinigkeiten, die ich mir theoretisch schwer vorstellen konnte, sind plötzlich klar. Müssen halt, wie alles, praktisch geübt werden. Irgendwann bekomme ich auch die Hände noch schöner hin. Die lerne ich bei Silke Sordyl – und da ist noch viel, viel Luft nach oben. Der Göttin sei Dank hält diese tolle Lehrerin ihre Online Filzgruppe aktiv, die ich mit dem Tutorial quasi mitgebucht habe. Ich kenne das, irgendwann geht einem der Knopf auf und das Üben hat sich ausgezahlt. Bis dahin – filze ich einfach weiter. Und freue mich mit meinen filzenden Schwestern über die kleine Erfolge. Und by the way – es ist einfach nur erstaunlich, was alles mit Schafwolle umsetzbar und möglich ist. Schafwolle hat ihre Grenzen, je kleiner ich arbeiten will. Über diese Grenze bin ich mit Marie schon gegangen. Dahinter wartet sicher das nächste interessante Material. Aber heuer – ist endlich einmal das Ausloten der Schafwolle, der Filznadeln und der Farben dran. Dranbleiben, wie gesagt.





Noch ein Dranbleiben ist dran. Ich versuche seit einer Weile, meinen Newsletterverteiler mit Mailchimp zu verwalten. Ich bin mir unsicher, ob das in der Vergangenheit geklappt hat. Vielleicht kannst du mir in den Kommentaren Feedback geben, wenn du dich anmeldest, ob es beim Ausfüllen Errormeldungen gibt? Dann werde ich meine Admin-Freundin um Hilfe bitten müssen. Hier geht der aprilmäßige Regen langsam in Schnee über. Halte dich warm, heiz‘ noch einmal ein paar Tage kräftig ein und genieß die Zeit, bevor der Sommer ohnehin kommt. Genieß das Leben!