Kunst.Verbindet

Mein Sohn sagt mir heute Abend beim Telefonieren, dass er meine persönlichen Blogs vermisst.

Meine Gedanken übers Leben, die nur ich denke. Ich rede mit meinem Liebsten darüber. Dass ich grad einfach nix zu sagen hätte. Alexander lacht. So viel los im Außen und Innen. So viel Entwicklung auf so vielen Ebenen. Gemeinschaftsleben eben. Altes geht. Tut manchmal weh. Ist manchmal eine Erleichterung. Neues kommt und bleibt neu und spannend und super lebendig. Und tut zwischendurch auch richtig weh. Kollektive Traumen tauchen in unserem Privatleben auf. Entwicklungstraumen zeigen sich mit einer Deutlichkeit, dass es mir den Atem raubt. Wir geben uns auch diesem Prozess vollkommen hin. Was eine ganz schön arge Berg- und Talfahrt sein kann und ist. Nach zehn sehr entspannten Jahren ist unser Leben derzeit aufregend und neu.

Floating Castle Festival

Und dann fällt mir doch etwas ein, das ich dir erzählen möchte. Künstlerisch ruhe ich offensichtlich. Bis auf ein Wesen, das in diesem Trauerjahr entstehen möchte, und das sich gaaaanz viel Zeit lässt bei seiner eigenen Geburt ins Licht der Öffentlichkeit, steht die Herstellung meiner wunderbaren Figuren still. Und wartet mehr oder weniger geduldig auf eine Wiederaufnahme.

Kunst im Wald

Und dann erzählt mir meine Freundin Cristina vom Floating Castle Festival in Slowenien. Von Riesenpuppen. Von Musik. Und einem Wasserschloss. Und dass ich da unbedingt hin muss. Weil ich das erleben muss. Ich buche, den Göttinnen sei Dank, spontan und ohne nachzudenken. Slowenien, für mich das Schwesternland von Kärnten. Was ich dann dort spüre, ist unbeschreiblich. Ich bin 56 Jahre alt und war noch nie, noch nie in meinem Leben auf einem Musikfestival dieser Art. Das Jazzfest Wiesen war nett. Wirklich. Das hier ist vollkommen anders.

Freunde

Alexander war in seiner Jugend ständig auf solchen Festivals unterwegs. Dass es auch hier in Slowenien so eine Szene gibt, wussten wir beide nicht. Ich tauche überrascht in diese Welt ein. Es ist überwältigend. Ein Wasserschloss mit einem Felsen und Wassergraben. Ein unfassbar schön angelegter Park, riesig. Riesige Flächen mit Wiese und Büschen, Anhöhen und Abhängen. Standler mit allerlei Festivalkrimskrams. Essen von der ganzen Welt, von vegan über vegetarisch zum Fleischesser wird jeder beglückt. Kinder, die von allen gleich liebevoll betreut werden, kugeln in der Menge oder in Netzen in den Bäumen. Ich weiß nicht, wie viele Slacklines am Sonntag zwischen den Bäumen aufgespannt sind – Erwachsene und Kinder üben auf ihnen. Dem Seiltänzer über dem Wassergraben sehen wir klopfenden Herzens zu, wenn er bei Konzerten versucht, die andere Seite zu erreichen. Wir sind Fremde, die für vier Tage eine internationale Gemeinschaft bilden.

Matija und das Ethnoorchester

Stell dir vor, du gehst durch eine berückend schöne, leicht verwilderte Parkanlage rund um ein Wasserschloss. Trotz aller Trockenheit ist es saftig grün. Überall stehen Figuren herum, ganz kleine oder riesengroße. Aus Jute. Sehr viel Jute. Eine Papierbühne lädt dich zum Figurenkino ein. Riesige weiße Figuren schweben, von vergleichsweise kleinen Menschen geführt, durch das Grün. Ich konnte nicht fotografieren, ich musste filmen. Da kommt noch was… Es gibt für Kinder vorbereitete Umgebungen mit Theater, mit Holz und Leim und Schrauben. Und – es gibt Musik ohne Ende. Überall kleine und große Bühnen. Bars, zu denen du im Handylicht hinstolperst, falls der Weg nicht von LED-Kerzen beleuchtet ist. In der Nacht sind die Bühnen farbig angeleuchtet. Mystisch und faszinierend. Bei Tag lädt das Gras ein, dich hinzulegen und zuzuhören. Oder zu tanzen, bis du umfällst.

Papiertheater

Wir staunen nicht schlecht, dass wir einen der Organisatoren vom Zickl-Zackl-Puppentheater Festival in Unterkärnten kennen, Matija. Wir müssen gar nicht alles verstehen, was nur zeitweise ins Englische übersetzt wird um mitzubekommen, dass täglich viele Überraschungen und Herausforderungen auf all den Bühnen und hinter den Bühnen spontan neu zu lösen sind. Das Übliche. Zu wenig Volontäre. Die Stromversorgung von so vielen Menschen wird problematisch. Es gibt eine eigene Handyladestation, um den Energiekreislauf zu entlasten. Gewaschen und geduscht wird zentral. Oder du hältst eben mal vier Tage mit Katzenwäsche durch. Reibungslos funktionieren die vielen Pixie-Klos und der Abtransport des Mülls – da können wir nur lernen. Wir gewöhnen uns daran, dass manche Konzerte pünktlich zur angekündigten Zeit stattfinden, andere nicht. Du kannst sowieso nur so viel Musik hören, wie du Bühnen besuchst. Also entspannen wir uns sofort und genießen, was wir erleben. Und wir hören, dass das eben das Floating Castle Festival ist. Und dass du am besten mit dem Flow gehst, wohin er dich führt. Wir haben jetzt ein Jahr lang Zeit, all die MusikerInnen nachzuhören, die wir gehört und nicht gehört haben. Das Internet macht das möglich. Und wir kommen ja wieder… Am vorletzten Tag gibt es ein so unfassbar schönes Konzert von Musikern aus aller Welt auf der Bühne vorm Schloss. Wir werden weggespült von Klängen, Gefühlen und tiefer Dankbarkeit, so etwas zu erleben. Und dazwischen drin wieder diese weißen Riesenpuppen, die ich nächstes Jahr unbedingt selbst machen möchte. Ich fange in zwei Wochen meinen ersten Slowenischkurs an.

Waldbühnen

Snecnik, wir kommen nächstes Jahr sicher wieder. Und wir werden hier in Südösterreich von euch erzählen und so viele Menschen einpacken, wie es uns nur möglich ist. Und Picknickdecken und Sonnenhüte und große Wasserflaschen. Vielleicht auch das eine oder andere Zelt. Ein riesengroßes, herzwarmes Danke an alle, die so etwas Wunderbares möglich machen. Kunst überwindet Grenzen. Das habt ihr eindrucksvoll bewiesen.

Kinderraum

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