Als ich heute am späten Nachmittag in zwei strahlende Augenpaare sehe weiß ich eines mit Sicherheit: dort hin geht mein Weg weiter. Es ist so ein großer Unterschied, ob wir unseren Kindern ein fertiges Tier oder eine Puppe im Supermarkt kaufen. Oder ob wir uns Zeit für einander nehmen, überlegen, wie wir so eine Herzenssache selbst nähen können. Und dann miteinander daran arbeiten und miterleben, wie so ein Wesen eine Seele bekommt.
Es gibt sie, diese besonderen Kinder, die dein Herz auf der Stelle berühren. Pauli hat sich von seiner Mama zum Geburtstag gewünscht, uns zu besuchen und mit uns gemeinsam einen Fuchs zu nähen. Den ich vor einer Woche als Prototyp geübt habe und den jeder Mensch bei Misty’s Whimseys erstehen kann, derzeit sogar als free pattern. Wir haben es dieses Mal mit einem ganz besonderen Material zu tun. Sehr flauschig, sehr microfaserig würde ich mal meinen. Und vor allem mit zwei rechten Seiten. Keine Chance, den Trickmarker anzuwenden. Ich muss mein Uraltwissen übers Nähen anstrengen, dann fällt mir ein, dass wir früher Linien mit Heftfäden sichtbar gemacht haben. Mutter und Sohn legen sich mächtig ins Zeug, schneiden und heften. Wir sind bald alle übersät mit roten und weißen Stofffutzeln. Unser Jüngster bastelt an einem Kamelmonster aus einem Stück tierfellähnlichem Material aus der Stoffmusterserie von Maria.
Fertig wird heute ausschließlich der Fuchs. Und das ist schon eine großartige Leistung. Einmal mehr erlebe ich, wie dieses handwerkliche und kreative Tun mit den eigenen Händen Menschen aktiviert, verbindet und beglückt. Ich muss mich gut konzentrieren, all die kleinen Einzelteile richtig aneinander zu fügen. Mein wunderbares Gehirn hat sich im Großen und Ganzen gemerkt, wie die logischen Schritte vor einer Woche aneinander gereiht werden. Bis nach dem Mittagessen halten die beiden Jungs gut durch. Danach müssen sie raus an die frische Luft, sich bewegen und rennen und miteinander spielen. Ich mache einen kapitalen Fehler, stopfe all die Gliedmaßen und den Fuchsschweif bereits aus und halte mich für besonders klug. Mir wird ganz anders, als ich dann die letzte Naht nähen soll und keine Chance mehr habe, alles unter das Maschinenfüsschen zu stopfen. Also – Handnaht.
Fürs finale Stopfen und Lebendigmachen der Fuchshülle ist Pauli wieder zur Stelle. Diesem roten Fuchs nähen wir ein Säckchen mit alten Murmeln in den Bauch, damit er nicht ganz so leicht ist wie die braun geblümte Fuchsschwester. Gemeinsam mit seiner Mama wird konzentriert gearbeitet. Und wir staunen, wie viel Watte in so ein Wesen passt. Am Ende kleben wir die angenähten Augen noch an, weil sie uns zu sehr herum hängen. Jetzt ist Herr Fuchs fertig und kommt sofort in die Abendsonne mit zum Fotoshooting. Sowohl die Kinder als auch wir Erwachsenen als auch die Tiere verabschieden sich schweren Herzens. Ich höre, dass sich die Fuchsgeschwister Briefe schreiben werden. Ich lass mich überraschen.